Martin Lindner (@martinlindner) macht den Anfang und kommentiert den „DigitalPakt#D“ – die jüngst angekündigte Bildungsoffensive des BMBF.
Der Bund will alle 40.000 Schulen mit WLAN ausstatten. Bald heißt es: „Wir schlagen jetzt alle mal YouTube auf Seite TAryFIuRxmQ auf!“
— ZDF heute-show (@heuteshow) 12. Oktober 2016
Die Ankündigung der Bildungsministerin Wanka, 5 Milliarden Euro zu investieren, um alle 40.000 deutschen Schulen bis 2021 mit Breitband-WLAN in jedem Klassenzimmer auszustatten, hat große Wellen geschlagen. „Wir müssen einen großen Sprung nach vorn machen,“ sagte Wanka letzte Woche — eine Anspielung auf Maos berühmtes Modernisierungsprogramm von 1958, das unter diesem Motto stand.
Wohlgemerkt: Das ist eine Absichtserklärung, die erst nach der Wahl eingelöst werden kann. Da kann sich noch viel ändern, und es steckt viel komplexes politisches Tauziehen dahinter. (Der Bildungsjournalist Christian Füller fasst das sehr schön zusammen.) Und es haben sich auch viele kritische Stimmen zu Wort gemeldet: Das Programm sei gut, aber zu es sei viel zu wenig Geld, sagt die Bertelsmann Stiftung. Der Bildungsexperte Jöran Muss-Merholz stellt dazu eine Reihe von guten Fragen.
Andererseits sind sich aber alle einig, dass dieser große Sprung an deutschen Schulen wirklich nötig ist, und es wird schwer sein, hinter diese vollmundige Ankündigung zurückzufallen. Was heißt das für die Regionen außerhalb der städtischen Ballungszentren?
(1) Es geht um Geld für die konkrete Breitband-Infrastruktur. Wie kann man dafür sorgen, dass das regionalen IT-Firmen zugute kommt? Das setzt vor allem voraus, dass man sich das Knowhow über möglichst preiswerte, technisch nachhaltige, gut zu pflegende Vernetzungsprojekte an Schulen verschafft. Der niedersächsische Lehrer Maik Riecken, der seit 5 Jahren als Berater regionale Schulen bei der Vernetzung unterstützt, schätzt die Kosten auf etwa 8000 € pro Klassenzimmer, wenn man es richtig anfängt. Bei 125.000 € pro Schule wären das etwa 12 Klassenzimmer, falls man noch Geld für Weiteres reserviert.
(2) Dazu zählt vor allem auch die Unterstützung für Regionale Kompetenzzentren Digitalisierung. Es heißt ausdrücklich: „Das BMBF unterstützt Kommunen und Bildungseinrichtungen dabei, vor Ort Digitalisierungsstrategien für Bildung zu entwickeln, Erfahrungen auszutauschen und gute Praxis in die Breite zu tragen. Geplant sind deutschlandweit bis zu zwanzig dieser Kompetenzzentren.“ Solche Kompetenzzentren sind eine große Chance, die Dynamik in die ganze Region zu tragen.
Tatsächlich sind ja gerade die Schulen sehr wichtig für das Profil einer Region: Die begehrten jungen Familien mit Zukunftsberufen ziehen nicht zuletzt dann zu (oder nicht weg), wenn sie das Gefühl haben, dass ihren Kindern hier die besten Zukunftschancen geboten werden. Ein zentrales Argument ist hier gerade die Digitalisierung der Schulen, die unweigerlich auch den ganzen pädagogischen Stil verändert. Eine Region, der es gelingt, die Kommunen, die Schulträger und die Schulen selbst für diese Herausforderung zu sensibilisieren, hat einen wichtigen Vorsprung gewonnen.
Die große Welle der Schul-Digitalisierung wird erst im nächsten Jahr kommen, aber je früher man das angeht, desto besser. Dann kann man das Schul-Thema auch nutzen, um das Bewusstsein für die Digitalisierung in regionalen Unternehmen und Verwaltungen anzustoßen. Mit Schulen haben alle Bürger und Bürgerinnen zu tun. Die Signalwirkung ist immens. Das Gespräch über Schule verbindet Nachbarschaften und Kommunen mehr als politische Fragen.
Es gibt keine Zeit zu verlieren. Wenn der Prozess Anfang 2017 anläuft, hat man die Zeit, die es braucht, um einen selbsttragenden Schwung zu erzeugen. Digitalisierung ist zuerst ein Kommunikationsprozess, und erst in zweiter Linie eine Frage der technischen Details. Die Zahl von 5 Milliarden, die im Raum steht, wirkt wie ein Weckruf. (Selbst wenn es gar nicht so üppig ist, wie es klingt.)
Welche konkreten Schritte bieten sich als Erstes an? Welche Informationen brauchen Regionen, Kommunen , Schulträger und Schulen, die hier aktiv werden wollen? Mit welchen praktischen Herausforderungen müssen sie sich auseinandersetzen? Wie kann auch das CoLab im Rahmen der Schwerpunktsetzung (Digitalisierung im außerstädtischen Raum) hier Unterstützung leisten? Was wird am dringendsten gebraucht? Diesen Fragen muss nachgegangen werden.
Autor: Martin Lindner – @martinlindner
Wir freuen uns auf Eure Ideen und Anmerkungen hierzu in den Kommentaren.