Save the Date: #Soko15 zur Zukunft des Internetrechts

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Die Telemedicus Sommerkonferenz 2014 war ein voller Erfolg – und wird sich wiederholen. Sie findet dieses Jahr erneut statt, in Zusammenarbeit mit dem Colab:

  • Die Konferenz wird am 29. und 30. August 2015 in Berlin statt finden.
  • Veranstaltungsort ist wieder die Hertie School of Governance in Berlin Mitte.
  • Thema: Zwei Schritte vorwärts: Die Zukunft des Internetrechts.

Mit dem Thema „Zwei Schritte vorwärts: Die Zukunft des Internetrechts“ wollen wir uns ganz gezielt von der „normalen” rechtspolitischen Diskussion lösen, die das Internetrecht derzeit ohnehin prägt, und stattdessen „kreativ und genial” werden, so Telemedicus.

Was ist damit gemeint? Wir merken, dass wir in einer Zeit leben, in der sich unsere Lebenswelt zunehmend und rasend schnell technologisiert. Selbst erfahrene Telemedicus-Blogger, die seit Jahren über rechtliche Zukunftsthemen schreiben, sind verblüfft, wie krass die nun anstehenden Entwicklungen sich auswirken können und wie nahe aktuelle Rechtsfragen mittlerweile an Fragen heranreichen, die bisher als Science Fiction galten. Selbstfahrende Autos, Virtual Reality, Roboterrecht: all dies beschäftigt mittlerweile nicht mehr nur Schriftsteller, sondern auch Rechtsanwälte, Rechtspolitiker – und bald auch Richter.

Wir denken, dass es in dieser Situation Sinn macht, nicht nur einen, sondern zwei Schritte voraus zu denken.

Bisher sind die folgenden Themen angedacht:

Robotik und Recht
Erstmals in der Geschichte der Menschheit muss der Mensch sich damit auseinandersetzen, dass er als autonomes intelligentes Wesen auf der Welt nicht mehr alleine ist. Autonome informationstechnische Systeme – „Roboter” – erreichen markt- und massentaugliche Qualität und werden in absehbarer Zeit zum Alltag gehören. Bereits jetzt arbeiten wir schon täglich mit digitalen Assistenten zusammen: Sei es der Google-Algorithmus, seien es Assistenzfahrsysteme, sei es „Siri”, die menschliche Stimme der Apple-Produkte. Diese grundlegende Veränderung wirft viele Fragen auf, auch rechtliche: Wer ist verantwortlich für die Handlungen eines autonomen technischen Systems – wer haftet, wer ist strafbar? Wie viel Autonomie darf ein solches System haben? Kommt es in Frage, ein solches System als Träger von eigenen Rechten und Pflichten zu sehen – und wird irgendwann der Punkt erreicht sein, wo künstliche Intelligenz Anspruch auf Menschenrechte erheben kann?

Internet der Dinge: Sachenrecht trifft Internetrecht
Mit der Verbreitung des „Internet der Dinge” werden nicht nur unsere Telefone „smart”, sondern auch unsere Fernseher, unsere Autos, unsere Uhren, Brillen und Schuhe, unsere Strom- und Wasserzähler und sicherlich auch das ein oder andere Küchengerät. Wem „gehören” aber all diese Dinge? Eine Frage, die rechtlich nicht einfach zu beantworten ist. Einerseits sind die genannten Sachen physische Gegenstände; sie haben Eigentümer (§§ 902 ff. BGB) und Besitzer (§§ 854 BGB). Andererseits enthalten die Geräte personenbezogene Daten i.S.d. BDSG und immaterialgüterrechtlich geschützte Inhalte, z.B. nach dem UrhG oder dem PatG. Der Datenaustausch mit der Außenwelt unterfällt dem TKG. Die auf den Geräten installierte Software wird außerdem – was vertraglich mehr oder weniger genau geregelt ist – extern gesteuert; die Kontrolle hat und behält der Gerätehersteller bzw. die Anbieter der installierten Apps. Was aber, wenn es zum Interessenkonflikt kommt: Wessen Recht setzt sich durch, wer hat das Letztentscheidungsrecht darüber, was das Gerät eigentlich tun darf? Die Logik des Internetrechts trifft hier auf eines der ältesten Rechtsgebiete überhaupt: das Recht der körperlichen Gegenstände, das Sachenrecht.

Regulierung von und über Standards
Standards sind technische Konventionen, nach denen (unter anderem) auch unsere Kommunikationsordnung aufgebaut ist. Standards prägen unser Zusammenleben, sie entscheiden über die „Architektur” unserer Kommunikation – seien es nun die Internetprotokolle, die technischen Normen des Mobilfunks oder das „Robots Exclusion Protocol”, das festlegt, zu welchen Bedingungen Suchmaschinen fremde Web-Inhalte auswerten dürfen. Jahrzehntelang war das Organisationsprinzip „Standard” beinahe unangefochten – dank der unsichtbaren Kraft der Netzwerkeffekte, aber auch wegen Organisationen wie dem Deutschen Institut für Normungstechnik (DIN). In den letzten Jahren treffen Standards aber auf voll proprietäre Konkurrenten: SMS konkurriert mit Whatsapp, E-Mail mit dem Facebook-Messenger, der IBM-PC mit Neukonstruktionen aus der Tablet-Welt. Zeit sich zu fragen: Wie viel Kontrolle über Standards darf eine Rechtsordnung Privatunternehmen zugestehen? Kann eine Offenhaltung von Standards dem Wettbewerb helfen (Kartellrecht) oder sogar die Meinungsvielfalt schützen (Medienrecht)? Kann es Sinn machen, Standards wie „Do Not Track” von hoheitlicher Seite aus zu definieren oder für verbindlich zu erklären, um so – über die Kontrolle der Architektur der Technik – politische Ziele umzusetzen?

Rough Consensus and Running Code: Neue Entscheidungsfindungsmechanismen, und was sie für die Demokratie bedeuten
Demokratische Entscheidungsfindung funktioniert durch Wahlen und Abstimmungen, jede Stimme hat das gleiche Gewicht. Die Mehrheit setzt sich durch und gibt damit das Ziel für alle Normunterworfenen vor. Dieses demokratische Prinzip regiert – schon aufgrund von Art. 20 Abs. 1 GG – fast jede hoheitlich organisierte Sphäre unserer Gesellschaft.
Im Internet – vor allem in Community-zentrierten Projekten – gibt es solche Abstimmungen eher selten. Die Erarbeitung von Internet-Standards in der IETF, das Wachstum der Wikipedia, die Entwicklung von Open Source Software, die Organisation von Gamer-„Gilden” und (zumindest in Teilbereichen) die Organisation der Piratenpartei folgt anderen Mechanismen. Hier basiert fast alles auf Freiwilligkeit. An Stelle der Abstimmung tritt hier der „Rough Consensus”, an Stelle der Abstimmung der faktische Zwang der Netzwerkeffekte – denn an einem Projekt zu arbeiten, bei dem sonst niemand mitarbeitet, macht keinen Sinn. Auf der anderen Seite hat die Community auch die Möglichkeit, ein Projekt ganz einfach zu sprengen – einfach nur, indem sie etwas anderes tut, einen „Fork” organisiert.

Für das Staatsrecht stellt sich die Frage, wie es sich auf solche Entscheidungsmechanismen einstellen kann – oder sogar muss.

Datenschutzrecht nach dem „Big Bang”
Big Data und die Ubiquität informationstechnischer Systeme stellen Grundprinzipien des Datenschutzrechts in Frage. Das heißt nicht, dass wir unseren Ansatz, Privatsphäre zu schützen, schon jetzt in vorauseilendem Gehorsam vollständig aufgeben müssen. Aber doch sollten wir es wagen, über den Tellerrand zu denken: Was passiert, wenn es uns nicht gelingt, den Fluss von („personenbezogenen“) Daten irgendwie in rechtlich kontrollierbare Formen zu bringen? Wie gewährleisten wir ein „Recht auf Menschsein” – das Allgemeine Persönlichkeitsrecht – nach dem großen Knall?

Netzneutralität oder Tendenzfreiheit: Ein konvergenter Ansatz zur Medienregulierung
Was sind eigentlich „Medien”? Es sind Vermittler und Aggregatoren von Informationen. Medien erwerben diese „Inhalte“ auf verschiedenen Wegen, bündeln sie und vermarkten sie gekoppelt mit eigenen, zusätzlichen Wertschöpfungselementen an ihre Kunden. Solche Vermittler sind aber nicht nur die „klassischen“ Medien, sondern auch Unternehmen auf höheren Aggregrationsebenen: das Pressegrosso-System für gedruckte Presse, Suchmaschinen für Internet-Inhalte, Internet-Videoportale für audiovisuelle Inhalte, „App Stores” für Anwendungssoftware oder Telekommunikationsnetze für alle von ihnen transportierten Inhalte. Zugespitzt formuliert: Es gibt Medien und es gibt Medien, die Medien aggregieren.

Das klassische Medienrecht ist demnach einzuordnen in einen größeren Rahmen: der Regulierung von „Intermediären”, von Content-Aggregatoren verschiedener Art. Einige davon sind sehr stark reguliert, z.B. die Rundfunkprogrammveranstalter. Andere sind etwas schwächer reguliert, z.B. die Telemedien i.S.d. TMG und RStV. Und wieder andere sind weitgehend unreguliert oder genießen sogar noch zivilrechtliche Haftungsprivilegien, wie z.B. die Zugangsanbieter des Telemediengesetzes. Diese unterschiedlichen Aggregationsformen in ein schlüssiges und einheitliches Aufsichtsmodell einzuordnen, gehört zu den zentralen Aufgaben der Medienregulierung der Zukunft.

Dass hier noch viel getan und durchdacht werden muss, zeigt der vieldiskutierte Konflikt zwischen Tendenzfreiheit und Neutralitätspflicht: Einigen Medien gesteht unsere Rechtsordnung das Recht zu, Inhalte gezielt zu befördern, zu behindern und dabei zu diskriminieren – das klassische Beispiel ist die Tendenzfreiheit des Presseverlegers. Anderen Medien gestehen wir genau dieses Recht nicht zu – das klassische Beispiel einer Neutralitätspflicht ist das Pressegrosso-System, viel diskutiert wird auch die sog. Netzneutralität. Aber: Warum sollte nicht auch ein Pressegrossist oder ein Telekommunikationsnetzbetreiber ein Recht auf Tendenzfreiheit haben? Warum nicht ein Verlag oder ein Rundfunksender eine Neutralitätspflicht?

Wege aus der Sackgasse: Die Zukunft des Urheberrechts
Was soll Urheberrecht eigentlich schützen? Warum? Wovor? Kaum eine Frage war in den letzten Jahren (netz-) politisch so umstritten wie diese. Wo aber steht die Debatte, wenn man sie nicht nur einen, sondern zwei Schritte nach vorne denkt? Was ist der gemeinsame Nenner von Gedanken wie der „Fair Use“- und der Wissenschaftsschranke? Welchen Zugang der Öffentlichkeit wollen wir zu geschützten Inhalten vermitteln – und was ist der Weg dazu? Welche Rolle spielt Extended Collective Licensing, was sind FRAND-Lizenzen? Vielleicht stehen wir an einem Punkt, an dem wir unser historisch gewachsenes Urheberrecht ganz neu denken sollten.

Spread the word!


Impression von der #soko14: Panel über Digitale Selbstverteidigung (v.l.n.r.): Agata Królikowski, Ulf Buermeyer, Dr. Sebastian Brüggemann, Matthias Spielkamp und Prof. Dr. Jan Dirk Roggenkamp (Bild: Tobias Schwarz/Collaboratory, CC BY 4.0)

Alles, was oben genannt ist, sind erst einmal Ideen: Vieles wird sich noch weiterentwickeln, vielleicht kommen neue Themen hinzu oder es fallen welche weg. Aber wir hoffen auf eine spannende zweite Sommerkonferenz, mit gehaltvollen Vorträgen, spannenden Debatten und viel Gelegenheit zum Netzwerken. Bitte blockiert euch das Datum 29. und 30. August 2015, und: Spread the Word!

/Crosspost von Telemedicus.info
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Sebastian Haselbeck

Sebastian Haselbeck

Sebastian ist Geschäftsführer des Collaboratory e.V.

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