Das Internet und Gesellschaft Collaboratory stellte gestern die Ergebnisse eines Projekts vor, in dem Standpunkte verschiedener Interessenvertreter zur europäischen Datenschutzverordnung transparent und gleichberechtigt gegenübergestellt werden. Dabei sollen Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft gleichermaßen zu Wort kommen um ein möglichst umfassendes Meinungsbild zum Reformprozess zu ermöglichen.
Bei diesem Projekt handelt es sich um den Pilotdurchgang eines neuen Formats mit dem das Collaboratory auch bei tagesaktuellen Fragestellungen seiner Rolle als unabhängige Plattform für Fragestellungen des digitalen Wandels für alle gesellschaftlichen Gruppen gerecht werden möchte. Dafür wurden der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), das Bundesministerium des Innern (BMI), der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) und ein Wissenschaftler von der Technischen Universität Berlin befragt.
Was ist die Datenschutz-Grundverordnung?
Durch die Datenschutz-Grundverordnung soll erstmals ein verbindliches und einheitliches Datenschutzrecht für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union verabschiedet. Durch diese Verordnung sollen außerdem die Anforderungen an den Datenschutz durch den Digitalen Wandel berücksichtigt werden. Nachdem die Europäische Kommission im Januar 2012 ihren Entwurf für eine Datenschutz-Grundverordnung vorgestellt hat und das Europäische Parlament sich im März diesen Jahres auf eine Verhandlungsposition geeinigt hat, muss sich nun noch der EU-Ministerrat auf eine gemeinsame Position einigen. Im Anschluss wird das Vorhaben abschließend in den Trilogverhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission abschließend diskutiert.
In den Stellungnahmen der Organisationen zur Datenschutz-Grundverordnung wurde deutlich, dass eine Reform des Datenschutzrechts prinzipiell von allen Akteuren begrüßt und als dringend notwendig erachtet wird. Dabei verweisen alle Befragten insbesondere auf die Vorteile die durch eine europaweite Reglung entstehen würden. In diesem Zusammenhang wird das zukünftige Datenschutzniveau allerdings zum Teil mit Sorge betrachtet. “Der Standpunkt des Europäischen Parlaments ist die rote Linie, die das Datenschutzniveau aufzeigt, welches bei dieser Novelle mindestens erreicht werden muss” meint in diesem Zusammenhang beispielsweise Florian Glatzner, der den Beitrag für den VZBV verfasst hat.
Strittig ist auch die Frage, wann dieser Reformprozess nun zu einem Ende gebracht werden kann. Mittlerweile liegt die Veröffentlichung des ersten Entwurfs über zwei Jahre zurück und es wird immer wieder Kritik an dem langsamen Voranschreiten der Reform laut. Während auf der einen Seite ganz klar gefordert wird, dass nun keine weiteren Grundsatzfragen mehr aufgeworfen werden sollten um bis spätestens 2015 eine Anpassung des Datenschutzrechts an die digitale Realität zu ermöglichen, verweist das Innenministerium auf die andauernden Bemühungen einen Gesetzestext zu verfassen der nicht bei seiner Verabschiedung schon veraltet ist.
Ein Öffentlicher Diskurs muss ermöglicht werden!
Die Zusammenfassungen der Stellungnahmen wurden alle auf der Projektwebseite des Collaboratory gegenübergestellt und auch die ausführlichen Antworten der Organisationen können dort gelesen und heruntergeladen werden. Zu diesem neuen Format sagt der Geschäftsführer des Collaboratory, Sebastian Haselbeck: “Wir bieten mit dieser Gegenüberstellung von Positionen ein Format, mit dem wir einen Beitrag zur tagesaktuellen Debatte liefern können und inhaltliche Unabhängigkeit unterstreichen. In Zukunft werden wir immer wieder Aufrufe zum Einreichen von Positionen starten um diese Standpunkte aus den Hinterzimmern der Politik zu holen und einen öffentlichen Diskurs zu erleichtern.” Der Verein lädt Organisationen dazu ein weitere Stellungnahmen zu diesem Thema einzureichen.
Link zu den Positionen: Positionen zur EU Datenschutz-Grundverordnung
Projektleitung: Gordon Süß, Mail:
Pressekontakt: Tobias Schwarz, Mail: