Mit unserer 11. Initiative #DigitaleRegion werfen wir nicht nur einen theoretischen Blick über unseren Tellerrand, sondern wagen den praktischen Brückenschlag von der Berliner Digitalblase zur konkreten Auseinandersetzung mit und in einer Region.
Recap: Die 11. CoLab-Initiative #DigitaleRegion befasst sich mit den Chancen und Herausforderungen der digitalen Transformation für den außerstädtischen Raum. Sie wird getragen durch ExpertInnen unterschiedlichster Provenienz und hat ein tragfähiges Multi-Stakeholder-Netzwerk bestehend aus fach- und sektorübergreifenden Akteuren und Perspektiven hervorgebracht. Die Initiative unterstützt zwei in einem Prozess ausgewählte Modellkommunen, die sich regional vernetzen und sich so gemeinsam auf den Weg zu einer digitalen Region entwickeln wollen. Im Zentrum stehen dabei praktische und regionalspezifische Handlungsansätze für den eigenen digitalen Transformationsprozess.
Mit Wennigsen/Deister und Augsburg und Umgebung konnten zwei Regionen als Erprobungsräume gewonnen worden, die an unterschiedlichen Ausgangspunkten stehen. Wennigsen steht am Anfang dieses Prozesses, Augsburg hat sich bereits auf den Weg gemacht und vernetzt.
Theoretische Ansätze, wie wir sie im Rahmen der CoLab-Initiativen traditionell entwickeln, gilt es jetzt regional passgenau zu verankern, um so aus dem theoretischen Überbau in die praktische Anwendung vor Ort zu gelangen. Das CoLab-Netzwerk geht also in die direkte Auseinandersetzung und Kooperation mit den regionalen Strukturen und Akteuren. Jede Region definiert und gestaltet diesen Veränderungsprozess individuell für sich. Es muss also ein Maß an Übertragbarkeit erkennbar werden. In den beiden Modellregionen Wennigsen und Augsburg soll erprobt werden, wie ein solcher Prozess partizipativ gelingen kann, um am Ende konkrete Handlungsempfehlungen für die jeweilige Region und ihre Anliegen formulieren zu können.
Regionalworkshop-Wennigsen: Am 6.9. reisten die CoLab-ExpertInnen also aus allen Ecken des Landes in die Gemeinde Wennigsen, um dort mit regionalen Vertretern aus der Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung für Wennigsen zu diskutieren, und das so praxisnah und lösungsorientiert wie möglich.
Nach einer Begrüßung der rund 30 TeilnehmerInnen durch Bürgermeister Christoph Meineke, einen der “digitalen Köpfe“ Deutschlands, und einer Vorstellung der digitalen Projekte in Wennigsen durch Christian Mainka, folgte ein Impuls von Dr. Marco Trips (Präsident Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund) zum Thema „Digitale Daseinsvorsorge für den ländlichen Raum“. Jan Knipperts von der Wegweiser Kommune stellte zudem aus dem Datenportal die wichtigsten Zahlen zu Wennigsen und insbesondere eine Visualisierung der Pendlerströme vor. Die Analyse ergab spannende Zahlen wie diese:
- 4.795 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte (SVB) haben Wennigsen als ihren Wohnort angegeben, von diesen pendeln 4.060 zur Arbeit in andere Gemeinden.
- Als Arbeitsort wurde Wennigsen für 2.492 SVB angegeben. Von diesen pendeln 1.758 aus anderen Gemeinden zu ihren Arbeitsplätzen in Wennigsen.
Anschließend zieht Jan Knipperts folgendes Fazit: “Die Gemeinde Wennigsen bildet einen der kleinsten Pendlereinzugsbereiche in der Region Hannover und auch einen der kleinsten Arbeitsmarktstandorte. Es überwiegt deutlich die Funktion als Wohnstandort, insbesondere für in der Landeshauptstadt Hannover tätige Beschäftigte.” (Jan Knipperts, Project Manager, Programm LebensWerte Kommune der Bertelsmann Stiftung)
Nach diesen einstimmenden Impulsen übernahm Robin Sontheimer die Moderation. Die Teilnehmer des Workshops fanden sich in Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themenfeldern zusammen:
#Smarte Netze
#Intelligente Verwaltung
#Leben und Arbeiten
Diese wurden verstärkt durch lokale Stakeholder. Ziel war es konkrete Szenarien zu entwickeln mit messbaren Lösungen und anschließend nächste Schritte einer Realisierung zu definieren.
So ist u.a. in der AG “Politik und Verwaltung” die Idee entstanden, prototypisch einen sogenannten “Chatbot” für die Gemeinde Wennigsen aufzusetzen. Das Programm lässt sich u.a. in bestehende Messenger-Plattformen wie telegram, twitter, facebook etc., oder auch auf der eigenen Webpräsenz einbinden. Der Chatbot antwortet auf die Fragen der NutzerInnen und gibt Hinweise auf bestehende Dokumente, Dienste oder antwortet direkt auf die Fragen der NutzerInnen, wie z.B. nach Öffnungszeiten. Somit übernimmt der Bot basale Informationsdienste und trägt damit zur Entlastung der Verwaltung bei. Ein solches Programm kann für einen Testbetrieb als Dialogpartner für Erstkontakt-Fragen auf der Webseite der Gemeinde getestet werden. Dafür gilt es in einem folgenden Workshop gemeinsam mit der Verwaltung und der Zivilgesellschaft herauszufinden, wie man beispielsweise die unterschiedlichen Sprachen von Verwaltung und BürgerInnen beziehungsweise Begrifflichkeiten mit dieser Botfunktion zusammenbringen kann. Weiterhin sollen in dem Workshop wichtige Anliegen der BürgerInnen und die Erfahrung der VerwaltungsmitarbeiterInnen in die möglichen Fragen und Antworten des Chatbots einfließen.
Eine sehr gute Idee, die auch finanziell und organisatorisch einfach realisierbar ist. Auch für die Bürger selbst bringt der Bot eine Erleichterung: Die notwendigen Anträge finden sich schneller, die Fehlerquote beim Vorsprechen ist geringer, die Resultate an Service und Freundlichkeit führen zur Zufriedenheit aller Beteiligten. Zudem überwindet die Lösung die “Erstkontakt”-Schwierigkeiten zwischen Bürger und Gemeindeverwaltung und erspart damit beiden Seiten viel Ärger und Missmut. Auf diese Art und Weise soll ein kleiner Schritt in Richtung Kulturwandel erfolgen und Vorteile für beide Seiten entstehen. Möglicherweise wirkt dies auch als Motivation für weitere Änderungen, vielleicht zu einem anderen Personalmanagement, zum Aufbrechen von analogen Strukturen, zu bürgerfreundlichen Innovationen.
Die 11. Initiative #DigitaleRegion geht damit einen Schritt über die Zustandsbeschreibung hinaus, wie sie noch in der 10. Initiative unter dem Schwerpunkt „SmartCountry“ erfolgt ist. Das heißt die 11. Initiative ist der Lackmustest für die Maßgabe, dass Deutschland den digitalen Transformationsprozess auch in der Fläche gestalten wird und meistern kann.
Alle weiteren Umsetzungsszenarien, Bilder des Graphic Recording finden Sie in Kürze auf unserer Webseite www.collaboratory.de und in der Abschlusspublikation der Initiative.
Der nächste Regionalworkshop findet am 20. September in Augsburg statt. Hier finden Sie die Agenda für diesen Tag. Falls Sie teilnehmen möchten, gibt es hier die Möglichkeit sich anzumelden.
Dr. Marco Trips, Präsident des niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes zum Regionalworkshop:
Außerdem finden Sie Kommentare von Dr. Johannes Voges, Geschäftsführer von Strombewegung GmbH, von Thomas Ritter, RegioLab, von Melissa Martini und Sebastian Eggers aus der Verwaltung in Wennigsen und dem Moderator des Workshops, Robin Sontheimer.
Auswahl der Berichterstattung über den Workshop:
Workshop Dig. Daseinsvorsorge in der #DigitaleRegion im Kloster Wennigsen der @IGcollaboratory – die Köpfe rauchen pic.twitter.com/KsH95i3GM8
— Damian Paderta (@paderta) September 6, 2016