“Nachdem sich Politik und Wirtschaft in den zurückliegenden Jahren der Digitalisierung des ländlichen Raumes nur schleppend angenommen haben, nimmt das Thema nun richtig Fahrt auf. Konzepte werden erarbeitet und erste konkrete Maßnahmen rollen nun an – die Digitale Region leistet einen elementaren Beitrag dazu!” (Christoph Meineke (Bürgermeister Wennigsen))
Am 20. Juni fand in dem Berliner Büro des DFKI ein CoLab-Workshop im innovativen Format statt: Die Arbeitsrunden der teilnehmenden ExpertInnen wurden ergänzt durch ein politisches Podiumsgespräch und Diskussion mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Bundesministerien:
Begrüßung Dr. Georg Rehm (DFKI)
Einführung Gerald Swarat, Projektleiter #DigitaleRegion (CoLab)
Impuls Christoph Meineke (Bürgermeister Wennigsen)
Diskussion
- Rolf Bräuer, Grundsatzangelegenheiten der Umwelt-, Bau- und Stadtentwicklungspolitik (BMUB)
- MinDirig`in Dr. Daniela Brönstrup, Digital- und Innovationspolitik (BMWi)
- Saskia Esken, MdB (SPD)
- MDirig Frank Krüger, Digitale Gesellschaft und Infrastruktur (BMVI)
- Dirk Stocksmeier (Vorstandsvorsitzender ]init[ AG)
Moderation Willi Kaczorowski
(Vorstand CoLab / Autor „Die smarte Stadt“)
Zunächst leitete der Projektleiter, Gerald Swarat, die Podiumsdiskussion ein und skizzierte die Idee und den Ansatz der Initiative. Als Novum für CoLab-Initiativen wird in der Digitalen Region die kollaborative Arbeit an Handlungsempfehlungen und Visionen durch die Erarbeitung von kurz- bis mittelfristig umsetzbaren Szenarien für konkrete Herausforderungen von Regionen wie z.B. Wennigsen und Ausgsburg ergänzt und somit erstmals auch ein “reality-check” vor Ort in Regional-Workshops durchgeführt. Denn die Initiative sieht ihre Aufgabe auch in der Aufklärung und Überzeugungsarbeit vor Ort, die Hand in Hand mit der Erarbeitung realistischer Lösungsansätze für identifizierte Herausforderungen geht. Damit steht die Digitale Region in der Nachfolge der Smart Country-Initiative aus 2014.
Vor diesem Hintergrund formulierte das CoLab den Aufruf, die Initiative zu unterstützen, die in einem schlanken und zeitlich begrenzten Projekt einen interdisziplinären und bundesweiten Rat der Regionen aufbaut, in dem eben nicht nur die Wissenschaft und die bekannten Experten des IT-Gipfels sitzen, sondern ein gesellschaftlicher Querschnitt. Die Initiative Digitale Region bringt die Digitalisierung aus den Berliner Konferenzhallen auf die Straße, aus dem Elfenbeinturm zu den Changemakern vor Ort und wird so dem großen Bedarf nach Wissenstransfer und Aufbau von Knowhow gerecht.
“Unterstützen Sie unseren Ansatz, wir arbeiten mit intrinsischer Motivation vor Ort und den ansässigen Netzwerken, was Nachhaltigkeit und Akzeptanz von digitalen Konzepten fördert. Wir versuchen Lösungen und die Wege dahin aufzuzeigen. So einen Ansatz zu verstetigen gelingt aber nur mit Ihrer Hilfe”, appellierte Gerald Swarat an die Podiumsteilnehmer.
Im weiteren Verlauf ging es natürlich auch um die damit verbundene obligatorische Thematik der fehlenden Infrastrukturen, eingeleitet durch den Moderator und Experten Willi Kaczorowski mit der Frage, ob nicht gerade im ländlichen Raum die beste Infrastruktur vonnöten sein.
Spannende Frage von @wkaczoro bei #DigitaleRegion : Müssten nicht die ländl Regionen bessere Netze haben als die Stadt? #ZukunftderArbeit
— Ole Wintermann (@olewin) 20. Juni 2016
In diesem Zusammenhang war sich das Podium schnell darüber einig, dass die staatlichen Förderprogramme vermehrt auf Gewerbe/Unternehmen ausgerichtet werden müssten – diese seien schließlich Produzenten und Konsumenten von Breitband zugleich. Weiterhin sollten die Förderprogramme noch stärker auf Wissenstransfer basieren, denn die Vernetzung der sich digitalisierenden Kommunen untereinander ist eine der Voraussetzungen für einen erfolgreichen Digitalisierungsprozess: Diese seien in ganz verschiedenen Digitalisierungsstadien und bräuchten “Mutmacher” wie die Kommune Wennigsen, um weiter fortzuschreiten.
Die Diskussion mit den ExpertInnen der Digitalen Region führte weitere interessante Entwicklungen auf, wie das Coworking – ein Modell, das in vielen Regionen bereits funktioniere und praktiziert werde. Die ministeriale Perspektive betonte in diesem Sinne, dass die funktionale Arbeitsteilung der Gebiete zwischen Gewerbe- und Wohnraum als Stadtentwicklungsmodell des 20. Jahrhunderts stark überdacht werde, man forme ein (altes) neues Leitbild, der Stadt der kurzen Wege. Dazu werde in Form einer Gesetzesnovelle die Mischung von gewerblichen und privaten Gebietstypen ermöglicht. Ein weiterer symptomatischer Diskussionspunkt erörterte am Beispiel der Telemedizin die Wahrnehmung von Digitalisierung als Bedrohung durch einzelne Berufsstände und politische Gruppen. So sei ein starker politischer Widerstand aus dem Medizin-Umfeld gegen rechtliche Reformen im Bundestag spürbar gewesen, als es darum ging, Telemedizin als Stütze zum analogen medizinischen Verfahren zu etablieren. Hier ist immer noch Angst und Misstrauen in allen Bevölkerungsschichten spürbar, dem aber durch vertrauensvolle Zusammenarbeit und offene Kommunikation entgegnet werden kann und wodurch der Ansatz der Digitalen Region nur unterstrichen werden kann.
Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern unterstützende Grundlage für Daseinsvorsorge etc., erklärt @EskenSaskia. 👏#DigitaleRegion — Tobias Schwarz (@Isarmatrose) 20. Juni 2016
Bürgermeister Meineke fasste das im Schlusswort wie folgt zusammen: Für ihn sei deutlich, dass Digitalisierung gerade auch für Berufsstände wie die Mediziner eine Chance sei, wieder mehr Zeit für ihre Patienten auf dem Lande zu gewinnen: Jede Stunde, die man Ärzten in der Bürokratie erspare, dient der Pflege und Versorgung direkt am Patienten. Denn hier stammen viele Verordnungen noch aus dem Papierzeitalter.