Bei einem morgendlichen Smart Country-Frühstück im Oh Angie! haben verschiedene spannende Projekte miteinander die Chancen der Digitalisierung für den ländlichen Raum diskutiert und ihre Perspektive und Lösungsansätze für die spezifischen Herausforderungen ländlicher Regionen erörtert. Das im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Smart Country Frühstücksgespräche“ gesetzte Event war aus der 10. CoLab Initiative „Smart Country“ hervorgegangen und wird 2016 in Kooperation mit der REWE Group durchgeführt.
Die Leitfrage des Frühstücks war, wie die Potentiale der Digitalisierung genutzt werden können, um strukturellen Herausforderungen der Nahversorgung, die u.a. aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte, des demographischen Wandels und der spürbaren Landflucht entstehen, konstruktiv zu begegnen. Um diese Fragen aus der Praxis zu beantworten, waren Gäste aus verschiedenen Regionen, Sektoren und mit unterschiedlichen Hintergründen eingeladen. Gemeinsam war allen allerdings, dass sie ihre Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge haben.
Potenzielle #Vernetzungspartner f digitale #Nahversorgung auf d Podium b #smartcountry -Frühstück pic.twitter.com/l2xsqbz5B2 — I&G Collaboratory (@IGcollaboratory) 27. April 2016
Sarah Brühl von der Verbandsgemeinde Betzdorf berichtete von ihren Bemühungen, den Problemen des demographischen Wandels im Norden von Rheinland-Pfalz zu begegnen: Eine neu entwickelte „Mitmachlogistik“ könne per App sonst nicht zu ermöglichende Warenlieferungen und Services in Gemeinschaft von regionalen Händlern und der ehrenamtlichen Auslieferung von Bürgern für Bürger leisten. Diese Lösung wurde vom Fraunhofer IESE und der Entwicklungsagentur RLP gemeinsam mit den Verbandsgemeinden Betzdorf und Eisenberg und Göllheim entwickelt. Die sogenannte digitalisierte Nachbarschaftshilfe durchläuft zur Zeit mehrere Testphasen und konnte sich bereits großer Beliebtheit erfreuen.
Wenn man die #Bürger in der #Digitalisierung nicht mit nimmt, wird das nix @Betzdorfdigital @IGcollaboratory pic.twitter.com/VHaw8wt8gS
— Michael Linke (@ITOrakel) 27. April 2016
Auf einem großen Maßstab mit 83 begutachteten Regionen überall in Deutschland, operiert der von Dr. Wilhelm Klauser vorgestellte „Große Emma“ – Ansatz, welcher durch einfach skalierbare und klar strukturierte Prozesse versucht, mit vielen regionalen Partnern ein Versorgungsnetz in einer beliebigen Region aufzubauen und dabei ein ökonomisch sinnvolles und attraktives Versorgungsangebot zu schaffen. Aufgrund dieser Erfahrungen kommt Dr. Klauser zu dem Schluss, dass es die oberste Prämisse sei, jetzt zu handeln und anstelle einer Mangelverwaltung zur radikalen Neuausrichtung der Regionen zu kommen. Im Rahmen des Versorgungsangebots der Großen Emma handle man daher in vielen kleinen Projekten und schaffe sich Umsetzungsparameter für schnelles Handeln im Dialog mit den jeweiligen Vertretern und deren Interessensüberschneidungen. Die Digitalisierung könne dabei eine Stütze der vorhandenen Strukturen sein, muss jedoch nicht zwangsläufig immer die beste Lösung darstellen.
„Wir müssen schneller und innovativer bei Lösungen für d. ländlichen Raum werden“, so Dr. Klauser@GrosseEmma @rewe_group@IGcollaboratory — Niclas Biener (@NiclasBiener) 27. April 2016
„Eine Stadt ist ohne einen funktionierenden ländlichen Raum nicht zu denken“, so Dr. Klauser / @GrosseEmma #smartcountry @IGcollaboratory — REWE Group (@rewe_group) 27. April 2016
Die Initiative kombiBus wurde von Frau Anja Sylvester vorgestellt. Das Projekt verbindet vor allem Mobilität und Logistik im ländlichen Raum: So werden z.B. im Landkreis Uckermark Waren auch im Linienbus transportiert. Die bessere Auslastung von vorhandenen Transportmitteln sei eine Aufgabe, die vom Land Brandenburg anerkannt werde und es stehe nun eine Förderrichtlinie zur Einrichtung neuer Dorfläden im Rahmen des kombiBus-Netzes parat. So könne die Kombination aus integrierter Lieferkette, Mobilität und Nahversorgung mit Lebensmitteln regionaler Produzenten in den Dorfläden, einen Innovationsschub für die ländlichen Regionen bedeuten. Für Frau Sylvester war klar, dass der ländliche Raum vor allem zusammenhalten müsse.
Dr. Michael Hübschen stellte ein Projekt der Telemedizin in Ostsachsen vor, mit dessen Hilfe es gelingt, den Patienten in medizinisch unterversorgten Gebieten das Recht auf Versorgung zu ermöglichen. In Gebieten wie Sachsen herrsche bereits ein solcher Mangel an Ärzten, dass die medizinische Betreuung durch digitale Lösungen unumgänglich sei. Für Dr. Hübschen sei dabei deutlich geworden, dass es vor allem auch auf die Einbindung aller eventuellen „Bedenkenträger“ im Projektverlauf einer zu etablierenden Telemedizin-Plattform ankomme, um eine erfolgreiche Umsetzung zu erreichen. Das Projekt CCS Telehealth in Ostsachsen baue dabei auf eine interoperable, nicht diskriminierende Telemedizin-Plattform, auf der Software- und Dienstleistungsanbieter ihre Services anbieten können. Man müsse nun zudem weiter darüber nachdenken, für welche Nutzer so eine Plattform nützlich werden könnte und wie man alle wichtigen Nutzergruppen mitnehmen und damit den Wert der Plattform steigern könnte, so Dr. Hübschen. Dabei seien nicht nur Software- und Dienstleistungsanbieter eine Zielgruppe sondern auch lokale Arztpraxen.
Digitale Revision ist für Dr. Hübschen zur Weiterentwicklung unvermeidlich #smartcountry -frühstück #DigitaleRegion — I&G Collaboratory (@IGcollaboratory) 27. April 2016
Schließlich fasste Herr Christoph Gipp vom Forschungsinstitut IGES die Beiträge zusammen und konstatierte, dass hier vor allem unternehmerische, eigenverantwortliche Ansätze aufgezeigt wurden, was beweist, dass man sich nicht nur auf öffentliche Gelder verlassen müsse, um etwas zur Daseinsvorsorge im ländlichen Raum beizutragen.
#ChristophGipp alle sagten es geht nicht, dann kam einer und tat es #Digitalisierung #smartcountry @IGcollaboratory — Michael Linke (@ITOrakel) 27. April 2016
Diese Praxisdiskussion stand für das CoLab auch im direkten Zusammenhang mit der aktuellen Ausrichtung der 11. CoLab-Initiative: „Digitale Region“. Denn während das CoLab in der 10. Initiative übergeordnete Handlungsempfehlungen und Potentiale der Digitalisierung im ländlichen Raum aufgezeigt hat, wird der Fokus der inhaltlichen Arbeit nun auf die Formulierung von Lösungsansätzen für konkrete Herausforderungen und Anliegen regionaler Akteure gelegt. Diese konkreten Digitalisierungsaufgaben werden in partnerschaftlicher Kooperation mit interessierten Regionen erarbeitet, wofür wir zurzeit eine Erhebung durch unser Expertennetzwerk und unseren Initiativenpartner UfdR durchführen.
Als Zielmarke steht dabei, dass das CoLab die während der Initiative ausgearbeiteten Lösungsansätze im Anschluss in die Realisierung begleiten wird. Damit wird das CoLab mit seinen Partner hoffentlich ebenfalls so positive Beispiele bei der Entstehung begleiten, wie es bei den hier dargestellten Vertretern von Rheinland-Pfalz bis Ostsachsen gelang.
Moderiert hat die Veranstaltung Gerald Swarat, Projektleiter der Initiativen Smart Country und Digitale Region. Dank an dieser Stelle!
Diesmal haben wir die gesamte Veranstaltung auf Band! Wer reinschauen will:
Hier geht’s lang zum Storify der Veranstaltung!
Noch eine Ankündigung:
In diesem Jahr finden noch zwei weitere Smart Country – Frühstücksgespräche statt. Mehr Details folgen bald!
Und hier noch einige Momentaufnahmen:
Autoren: Moritz Mumme, Monika Jaskula
Fotos: sr pictures