PRESSEMITTEILUNG
“Das Internet wird siegen”
Internetexperten: Staaten kommen mit der Zensur nicht nach
Es gibt ein Recht auf Internetzugang, dazu brauchen wir keine neue Menschenrechts-Charta. Das hat die 5. Initiative des Internet & Gesellschaft Collaboratory gezeigt, die nun in Berlin ihre Ergebnisse präsentiert.
“Das Internet wird als offener Kommunikationsraum siegen, weil die Staaten bei der Zensur nicht hinterher kommen”, schrieb Frank La Rue den Expertinnen und Experten ins Stammbuch. Aber nicht nur der UNO-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit lieferte Input für die erste große deutschsprachige Initiative zur Rolle der Menschenrechte im Internet. Gleichzeitig warnte La Rue davor, sich zurück zu lehnen: Die größte Gefahr sieht er in der “Kriminalisierung der Meinungsäußerung”. Blogger müssen geschützt werden. Denn das Internet kann nicht nur als Instrument der Revolution (wie im Arabischen Frühling) dienen, sondern auch als Instrument der Unterdrückung.
Zwischen diesen Polen haben die 30 Expertinnen und Experten eigenständig und interdisziplinär von Januar bis März 2012 untersucht, wie sich klassische Menschenrechte auf das Netz übertragen lassen, welchen Beitrag das Internet bei der Durchsetzung von Menschenrechten leisten kann und wie Menschenrechte zur Grundlage der Internet Governance der Zukunft werden können.
“Wir brauchen keine neuen Menschenrechte für das Internet”, ist UNO-Experte Frank La Rue überzeugt, es reiche die bestehenden anzuwenden. Aber “neue soziale Normen”, so Internetguru Vint Cerf, sind dringend nötig.
“Das Internet”, so Matthias C. Kettemann von der Universität Graz, der inhaltliche Leiter, “ist ein Brennglas zur Fokussierung menschenrechtlichen Empörungs- und Engagementpotenzials. Menschenrechte sind das ethische Fundament, der rechtliche Anker und der Zweck jedes Entwurfes einer Internet Governance der Zukunft.” Zu den zentralen Ergebnissen der Initiative gehört, dass alle Menschenrechte die offline gelten, auch online anwendbar sind.
Die Grundlage dazu schafft nun diese Expertengruppe des Internet & Gesellschaft Collaboratory (www.collaboratory.de). In einem interdisziplinären Dialog zwischen Recht und Technik, Aktivisten und Theoretikern zeigten sie, welche Rolle Social Media als Informations- und Mobilisierungswerkzeug haben können, welche rechtlichen Schutzlücken bestehen und inwiefern Widerstand im Netz legitim ist. In Szenarien wurde die Zukunft der Internet Governance erdacht, und die transnationale Republik “noosphere” gegründet.
Blogger aus aller Welt haben außerdem auf die Menschenrechtsverletzungen in ihren Ländern aufmerksam gemacht. Aus den Statements wurde ein Video, aus dem Video eine Kampagne die heute startet. “Irrepressible Voices” soll Menschen in aller Welt dazu aufrufen, ihre Botschaft zu visualisieren und in Form eines Videos auf irrepressiblevoices.org hochzuladen.
Schlussbericht und Wissensplattform mit Mehrwert
Die Initiative stellt ihren Bericht zur re:publica’12 vor. Auf der Website des Collaboratory gibt es zudem weiterführende Texte, Illustrationen und Videos, also eine erweiterte Fassung des Berichts. Dieser kann dort auch kommentiert werden, und das Collaboratory begrüßt jederzeit Interessenten die im Rahmen einer Arbeitsgruppe an diesen Themen weiterarbeiten möchten.